Erbvertrag

Der Erbvertrag ist ein mächtiges Gestaltungsinstrument des deutschen Erbrechts (§§ 2274 ff. BGB). Im Unterschied zum widerruflichen Testament wird mit diesem Vertrag die Erbfolge vertraglich, d.h. grundsätzlich bindend, festgelegt. Deshalb bedarf er der notariellen Beurkundung. Zu Lebzeiten des Erblassers entfaltet ein Erbvertrag zwar noch keine rechtliche Wirkung, doch schickt er seine Zeichen in gewisser Weise voraus, indem er nachträglichen Änderungen der festgelegten Erbfolge und auch manchen Schenkungen die Anerkennung versagt.

 

Die praktische Bedeutung des Erbvertrages ist nicht zu unterschätzen und äußerst vielfältig. In erster Linie bietet er sich für Paare bzw. Ehegatten an, die sich wechselseitig zu Erben und ggf. ihre Kinder zu Erben des Längstlebenden bestimmen wollen. Das Hinzutreten weiterer Erben im Falle der Wiederheirat wird damit ebenso vermieden, wie einseitige, willkürliche Änderungen nach dem Vorversterben eines Partners. Ähnliches gilt für „Patchworkfamilien“, in denen die Erbfolge gegenüber dem Expartner oder den Kindern aus erster Ehe verbindlich zugesagt werden soll.

Auch im Hinblick auf die Nachfolge in (Familien-)Unternehmen kann ein Erbvertrag Vertrauen schaffen und die Beteiligten zu besonderen Anstrengungen motivieren, die im Falle eines Testaments, das mit einem einfachen Federstrich widerrufen werden kann, nicht übernommen würden.

 

Nach Abschluss eines Erbvertrages können sich die künftigen Erben auf die Ihnen zugesagte Rechtsposition verlassen, weil der Erblasser nicht länger einseitig abweichende letztwillige Verfügungen treffen kann. Der Erbe ist Vertragserbe; der mit einem Vermächtnis Bedachte erhält ein sog. Vertragsvermächtnis. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass die Stellung als Erbe bzw. Vermächtnisnehmer rechtlich gesichert ist und nur ausnahmsweise, etwa durch eine Anfechtung oder einen Rücktritt, beseitigt werden kann.

 

Andererseits bedeutet diese Rechtsposition als vertraglich Bedachter nicht zugleich auch einen Anspruch auf den Nachlass, also das Vermögen des Erblassers. Dieser bleibt auch nach Abschluss des Erbvertrages nämlich frei, über sein gesamtes Vermögen nach Belieben zu verfügen („Freiheit des Erblassers bis zum letzten Atemzug“).

 

Der Vertragserbe kann Erbe werden, ohne auch nur einen Cent aus dem Nachlass zu erhalten. Ein Vertragsvermächtnis wird bereits unwirksam, wenn der versprochene Gegenstand zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr im Nachlass vorhanden ist.

 

Einschränkungen der Verfügungsfreiheit des Erblassers ergeben sich nur mittelbar aus den Vorschriften der §§ 2287 f. BGB. Danach ist es möglich, insbesondere Schenkungen des Erblassers nach seinem Tod zumindest teilweise rückgängig zu machen. Voraussetzung ist, dass der Erblasser in „Beeinträchtigungsabsicht“ gehandelt hat, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedeutet, dass die Schenkung einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen ist. Hierfür entscheidend ist das sog. „lebzeitige Eigeninteresse“ des Erblassers an der Schenkung, also die Frage nach einem berechtigten Interesse an der Schenkung, das die Vertragserben zur Anerkennung der Zuwendung verpflichtet.

 

Inwieweit die rechtliche Bindungswirkung eines Erbvertrages im jeweiligen Einzelfall reicht, ist mitunter eine komplexe Angelegenheit, für die Sie anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen sollten. Zu unseren Aufgaben gehört dann entweder die Verteidigung oder die Anfechtung, eines bereits geschlossenen Erbvertrages und der darin getroffenen Verfügungen.

Aus Sicht des Vertragserben kann es dann auch um die Rückabwicklung von Schenkungen gehen, mit denen der Erblasser zu Lebzeiten den Nachlass geschmälert und bedeutende Gegenstände (insb. Immobilien, Bargeld, Schmuck, etc.) anderen Personen zugewendet hat. Umgekehrt können wir für Sie prüfen, ob ein sog-. „lebzeitiges Eigeninteresse“ an Schenkungen besteht bzw. bestand und beeinträchtigende Schenkungen deshalb von den Vertragserben akzeptiert werden müssen.

 

Sollten Sie am Abschluss eines Erbvertrages und den damit verbundenen Möglichkeiten interessiert sein, wenden Sie sich bitte an unseren Notar.

 

 

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